Nahversorgung neu gedacht

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Die Greissler sind zurück.

Greissler sind wesentlich mehr als Warenhandlungen, es sind Begegnungsorte und Botschafter der Region. Bei manchen steht der persönliche Austausch im Vordergrund, während andere nach dem Prinzip Selbstbedienung funktionieren. Drei Weinviertler Beispiele beweisen, wie lebendig Tradition sein kann.

Greisslereien haben in Österreich eine lange Tradition. Früher waren die Gemischtwarengeschäfte vor allem im ländlichen Bereich soziale Knotenpunkte, an denen Menschen weitaus mehr fanden als bloß die Waren des täglichen Bedarfs – nämlich Austausch und Anschluss. Es war üblich, eigene Behältnisse mitzubringen, womit Greisslereien als Vorläufer heutiger „Unverpackt-Läden“ gelten. Auch das Anschreiben war gängige Praxis, bezahlt wird dann nicht sofort, sondern beispielsweise am Ende des Monats – ein schöner Vertrauensbeweis.  

Ausgerechnet die Greissler erleben gerade eine Renaissance. Das liegt erstens daran, dass viele Kunden vom Überangebot eines durchschnittlichen Supermarkts überfordert sind und stattdessen eine kleine, fein kuratierte Auswahl bevorzugen. Zweitens erfreuen sich regionale Lebensmittel, oft solche aus biologischem Anbau, großer Beliebtheit, schließlich stärken sie heimische Produzent:innen und schonen das Klima. Drittens ist das Einkaufserlebnis in einer Greisslerei ein komplett anderes, unmittelbarer, weniger anonym, oft verbunden mit einem persönlichen Austausch.

Der neue alte Trend passt gut ins Weinviertel mit seinen bäuerlichen Strukturen und dem Hang seiner Bewohner:innen zur genussvollen Gelassenheit. Und davon profitieren auch Besucher:innen. Abgesehen von einer Auswahl an Mitbringseln geben die Greissler gerne Auskunft über regionale Tipps und persönliche Vorlieben. Wer braucht da noch einen Reiseführer? 

Fest steht: Die Greissler sind zurück – drei Erfolgsbeispiele aus dem Weinviertel. 

In ihrem früheren Leben war Sonja Lehner Volksschullehrerin. Heute betreibt sie gemeinsam mit Ehemann Rudi einen Bauernhof in Wetzleinsdorf. Weil der durch Ackerbau und Tierhaltung ganz schön viel Arbeit macht, kann Sonja nicht viele Stunden am Tag hinter einer Ladentheke stehen. Aus der Frage, wie sie ihre Kund:innen trotzdem mit ihrem feinen Angebot versorgen kann, wurde die Idee des Kuchlkastl geboren. Das hat rund um die Uhr geöffnet und bietet eine breite Auswahl an vorgekochten Speisen wie Krautfleisch, Nudelsaucen und Kuchen im Glas. Oder wie wäre es mit einem Flascherl Eierlikör oder einer Packung Knuspermüsli als gustatorisches Souvenir?

Alles frisch, mit Liebe zubereitet und nachhaltig verpackt. Auf Vorbestellung packt die Hofherrin individuelle Geschenkkörbe – so eine Art Service sucht man im Supermarkt vergeblich. Das Modell funktioniert so gut, dass es die Produkte des Kuchlkastls nicht nur in Wetzleinsdorf, sondern auch an weiteren Standorten und online gibt. 

Alles für die Jausenplatte 

Einer dieser Standorte ist der in Niederkreuzstetten gelegene Gmoabauernlodn. Gleich acht verschiedene Produzenten stecken hinter der 2018 geborenen Idee, entsprechend groß ist das Sortiment. Alles da für eine üppige Jausenplatte: die feinen Käse des Ziegenhof Klampfl aus Fallbach, die Wurst- und Fleischwaren von Harrys Schmankerlexpress aus Ernstbrunn und das Brot und Gebäck der Kreativbäckerei Kürrer aus Ernstbrunn.

Den Salat macht man mit dem Öl des Biohof Zimmermann aus Oberkreuzstetten an. Weinvierteltourist:innen freuen sich aber auch über die Vielzahl regionaler Topprodukte für zu Hause. Marillennektar von Marillenglück Zimmermann, Honig von Geschleudert und Gerührt und natürlich Weine und Biere aus der Region. Zu den vertretenen Winzern:innen zählen Lorenz und Maria Strobl aus Niederkreuzstetten, Leopold und Monika Flandorfer und Hubert Ullmann, beide aus Oberkreuzstetten, sowie das Weingut Freudhofmaier. Das Bier kommt von der Braumanufaktur Holzmann aus Schrick. Mehr als kundenfreundlich sind die Öffnungszeiten des Selbstbedienungsladens, nämlich täglich von 6 bis 22 Uhr

Bio-Wein und Weinviertler Senf

Die dritte Greisslerei gehört zum Weingut Zuschmann-Schöfmann. Else und ihr Mann Peter betreiben Bioweinbau auf 16 Hektar und bieten Gästezimmer und Suiten an. Peter, gelernter Koch, beweist sein Können in der Weinlodge. Abgesehen davon betreibt das Paar eine Greisslerei mit Produkten aus eigener Herstellung. In ihren eigenen Worten: „Hier finden Frau und Herr Gourmet nebst schickem Weinzubehör allerhand regionale Köstlichkeiten.“

Was es da gibt? Sekt, Wein und Marillennektar, Marmeladen, Chutneys und Weinviertler Senf aus eigener Produktion sowie die Wildschweinspezialitäten der Boa Farm, Süßes von Zart Pralinen, Apfelsäfte vom Bioobstbau Filipp aus Bogenneusiedl und die Backwaren von Öfferl. Geöffnet ist samstags von 9 bis 13 Uhr und nach telefonischer Voranmeldung.  

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