Kulturlandschaft zum Essen

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Von Almen, Teichen und Streuobstwiesen im Mostviertel.

Das Mostviertel ist nicht nur malerische Kulisse für Reisende, sondern auch eine lebendige Kulturlandschaft, deren Erhalt sich durch eine spannende Symbiose aus Mensch und Natur manifestiert. Lebensmittelhandwerker:innen produzieren hier nicht nur qualitativ hochwertige Lebensmittel, sondern erhalten gleichzeitig auch die charakteristische Kulturlandschaft mit ihren Almen, Teichen und Streuobstwiesen und tragen so zum Erhalt der Biodiversität bei. Wir nehmen Sie mit auf eine Reise zu den Almen, entlang der Flussläufe und auf die Streuobstwiesen und zeigen, wie gut die Kulturlandschaft Mostviertel schmeckt.

Vom kulinarischen Potential alter Rinderrassen

Ein beeindruckendes Beispiel für diese symbiotische Beziehung sind die Murbodner Rinder, eine alte heimische Rasse, die seit jeher in den steilen Hängen und Almen rund um den majestätischen Ötscher in Österreich zuhause ist. Seit 1869 gelten sie als eigene Rasse mit Wurzeln aus den Rassen Bergschecken und Blondvieh-Rassen. Bio-Bauer Gerald Schenner am Scheinhof bei Annaberg hat sich ganz der Haltung alter Haustierrassen wie dem Murbodner Rind verschrieben. Einst galten die Murbodner Rinder als zuverlässige Drei-Nutzungsrasse: Sie gaben nicht nur Milch und waren Fleisch-Lieferanten, sondern galten auch als gute Zugochsen in der Landwirtschaft, doch schon Kaiser Franz Joseph schwörte auf den Geschmack des Fleisches eines Murbodner Rindes. Es heißt, dass sein Tafelspitz nur mit Fleisch vom Murbodner Rind zubereitet werden durfte. Mit der Mechanisierung der Landwirtschaft verlor das Murbodner Rinder an Bedeutung. Bauern wie Gerald Schenner ist es zu verdanken, dass die Rasse heute noch erhalten wird.

Gut so, denn sie ist wie gemacht für die Landschaft rund um den Ötscher: Das mittelgroße Rind hat einen feinen Knochenbau und kommt mit seinen guten Klauen mit den steilen Lagen rund um den Ötscher zurecht. Semmelgelb bis fuchsrot erkennt man es auch an seinem schwarzen Flotzmaul. Ihr widerstandsfähiges Wesen und ihre Fähigkeit, in den Bergregionen zu grasen, tragen dazu bei, die Landschaft offen und gepflegt zu halten. Während sie das Gras fressen, verhindern sie das Überwuchern von Pflanzen und helfen dabei, die Artenvielfalt der Flora zu fördern. Ohne die grazilen Landschaftspfleger würden die Almen allmählich von Dickicht und später Wald erobert werden, was wiederum den Lebensraum für eine Vielzahl anderer Tiere und Pflanzen gefährden würde. Gleichzeitig profitiert die Fleischqualität von der Futterqualität der Mostviertler Almen: Das Fleisch der Murbodner Rinder ist besonders fein marmoriert, zart und saftig. Es schmeckt als Tafelspitz ebenso wie vom Grill.

Fischteiche als Elemente einer vielfältigen Kulturlandschaft  

Inmitten der alpinen Berglandschaft des alpinen Mostviertels schlängeln sich kristallklare Gebirgsflüsse und Bäche, die menschengeschaffene Teiche mit frischem Wasser speisen. Diese Teiche sind nicht nur integraler Bestandteil der regionalen Kulturlandschaft, sondern auch ökologische Hotspots. Sie dienen als Zufluchtsorte für bedrohte Tier- und Pflanzenarten und leisten gleichzeitig einen wichtigen Beitrag zum lokalen Klima und Wasserhaushalt. Zudem bieten sie verschiedenen Fischarten ein Zuhause. In den Gewässern des Mostviertels gedeihen etwa Saiblinge, Regenbogenforellen und Lachsforellen in frischem, kaltem Wasser. Ein Beispiel ist die Neubrucker Fischzucht, eine Kooperation von acht Familien, die sich der nachhaltigen Fischzucht verschrieben haben und im Sackbachgraben fangfrischen Fisch erzeugen. Jede Woche ernten die Fischbäuer:innen zwischen 150 bis 200 Kilogramm Fisch, die ab Hof gekauft oder von der regionalen Gastronomie wie beim „HUEBER der Wirt in Bründl“ serviert werden.

Streuobstwiesen: Schatzkammern der Biodiversität und der Esskultur

Streuobstwiesen sind nicht nur charakteristische Elemente der Kulturlandschaft des Mostviertels, sondern auch vitale Ökosysteme. Sie bieten einer Vielzahl von Tieren und Pflanzen einen wichtigen Lebensraum, ihre Blüten sind wichtige Nahrungsquellen für Bienen und andere Bestäuber. Darüber hinaus fungieren Streuobstwiesen auch als Hüter eines wertvollen esskulturellen Erbes: Auf ihnen gedeihen alte Obstsorten, die sonst in Vergessenheit geraten und verschwinden würden. Diese alten Sorten haben einzigartige Geschmacksprofile und sind gut an die lokalen klimatischen Bedingungen angepasst. Der Erhalt der Streuobstwiesen ist auch Teil der Mission des Naturparks Ötscher-Tormäuer: Einmal jährlich bietet der Naturpark mit einer mobilen Presse die Möglichkeit, Kleinmengen von Obst zu Saft zu verarbeiten. „Es geht darum, dem Obst wieder einen Wert zu geben. Nur so bleiben alte Obstbäume und Streuobstwiesen erhalten“, sagt Florian Schublach, Geschäftsführer des Naturparks Ötscher-Tormäuer.

Ihre Pflege wiederum ist entscheidend für die Bewahrung der Kulturlandschaft im Mostviertel. Ohne die kontinuierliche Pflege würden Wälder die Flächen zurückerobern, wertvolle Produktionsflächen für regionale Lebensmittel verschwinden. „Obstbauern und -bäuerinnen halten die Landschaft offen“, sagt Florian. Und das sei wichtig, damit die Region nicht zuwächst und die Menschen abwandern, wie er sagt. Unter dem Leitsatz „so biodiversitätsfördernd wie möglich“, bewahrt der Naturpark aber nicht nur alte Obstsorten aus Hochlagen, sondern experimentiert auch mit dem Anbau beinahe vergessener, geschmackvoller Gemüsesorten wie einer alten Erdäpfelsorte oder der „Pielachtaler Rübe“, einer lokalen Rübensorte.

#momentmahl: Die rundum sehenswerte Mostviertel-Tour

Viele Wege führen zu den Protagonist:innen der weiten Land-Küche.
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