Rund um Erlauftal, St. Georgen/Leys

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Wo ein ehemaliges Dorfwirtshaus Bodenständigkeit und Experimentierfreudigkeit vereint und im Teamwork Fischteiche und Greißlereien bespielt werden.

Von Wienerbruck geht es über Puchenstuben entlang der Grenzen des Naturparks Ötscher-Tormäuer ins Erlauftal. In St. Georgen an der Leys erwarten uns bereits Stefan Hueber und Silvia Aigner vor ihrem Wirtshaus, das in der Region weithin als der „Wirt in Bründl“ bekannt ist.

Regional verwurzelt und weltoffen: der Wirt in Bründl

„Das Haus gibt’s ewig“, erzählt Stefan Hueber. Das Gebäude, in dem sich das Wirtshaus befindet, wurde vom gleichen Baumeister errichtet, der auch die benachbarte Kirche baute. Als gastronomischer Betrieb existiert es bereits seit 1892. „Bründl“ ist nicht nur der Name des Wirtshauses, sondern auch der liebevolle Spitzname für das Dorf, angelehnt an einen sagenumwobenen Brunnen neben der Kirche. Stefan und Silvia haben 2014 von Stefans Eltern übernommen. Seither gestaltet das Paar die Kulinarik des Hauses in einer beeindruckenden Symbiose aus Bodenständigkeit und kreativer Innovation. Denn tief verwurzelt in der Region blicken die beiden auch gerne über den sprichwörtlichen Tellerrand und holen den Geschmack der Welt zu sich nach Bründl.

„Wir haben von Anfang an auf regionale Produkte gesetzt“, sagt Stefan. Mit dem ersten regionalen Produkt – Neubruck Fisch – begonnen, liest sich seine Speisekarte mittlerweile wie eine kulinarische Landkarte der Region, wie er sagt. Denn Stefan ist stets auf der Suche nach exzellenten lokalen Lebensmittelproduzent:innen: „Regionalität ist mir wichtig, aber noch wichtiger ist mir, dass ich den Menschen kenne, der meine Lebensmittel produziert“, sagt er. Während unserer Unterhaltung in der Küche kommt wie zur Bestätigung die Gemüsebäuerin Sigrid Hagen aus Winklarn herein und stellt eine Kiste mit erntefrischem Salat herein. Die Gemüsebäuerin gefunden zu haben, macht Stefan stolz. „Als wir begonnen haben, gab es wenig regionale Produzent:innen, die ein hochwertiges Produkt erzeugt haben. Das hat sich in den letzten fünf bis sechs Jahren geändert.“

Doch Regionalität ist für Stefan kein Dogma. Denn Stefan ist experimentierfreudig – nicht umsonst zählt er auch zu den Gründungsmitgliedern der Mostviertler Feldversuche. Und er hegt eine große Leidenschaft für die japanische Küche und fermentiert viel. Findet er ein geniales Produkt aus dem Ausland, holt er es nach Bründl: „Ich versuche coole Produkte aus der Region in den Fokus zu rücken, aber wenn ich noch ein überregionales Produkt finde, das dem Geschmack zuspielt, dann verkoche ich das natürlich.“ Behutsam nimmt er sowohl einheimische Gäste als auch Weitgereiste mit auf eine Reise zum Geschmack des Mostviertels. „Der einheimische Gast war immer der Wichtigste für uns. Uns war es immer ein besonderes Anliegen die Leute mitzunehmen und nicht vor den Kopf zu stoßen“. Während der Zwiebelrostbraten und das Schnitzerl mit hausgemachtem Erdäpfelsalat ihren festen Platz haben, gesellen sich innovative Kombinationen wie Neubrucker Forelle mit Paradeiser-Dashi, Wassermelone und Süßkartoffel oder Lachsforelle mit Miso-Aubergine wie selbstverständlich hinzu.

Mit seiner Küchenphilosophie schafft Stefan Hueber selbst für die bodenständigsten Produkte der Region Platz in seiner Haubenküche. So serviert er gerne den regionstypischen „Mostviertler Schofkas“ und erklärt: „Der Schafkäse hat bei uns die typische Striezelform. Der Geschmack des Grundprodukts ist schon so gut, dass ich ihn nur noch einsalze, damit er noch ein bisschen fester in der Konsistenz wird.“ Stefan serviert ihn mit einer ordentlichen Portion Schnittlauch zu seinem hausgemachten Sauerteigbrot. Auch das ist regionstypisch: dunkel, sauer und fest in der Konsistenz, gewürzt mit Kümmel, Koriander, Fenchel und Anis.

Diese Philosophie der Aufwertung regionaler Produkte spiegelt sich auch in der sorgfältig kuratierten Getränkeauswahl wider, um die sich Silvia kümmert. Hervorstechen hier besonders die Moste von Bernadette und Peter Haselberger aus St. Valentin, die aus den Früchten ihrer uralten Birnbäume sortenreine Moste keltern, die perfekt zur gehobenen Küche passen. Silvia sorgt zudem für botanische Noten in den Gläsern der Gäste. „Schon meine Oma war eine richtige Kräuterhexe“, sagt sie. Sie sammelt, was rund um den „Wirt in Bründl“ wächst: „Wenn du die Kräuter erkennst, siehst du erst die riesige Vielfalt vor der Tür.“ Ein Glück, dass sie uns auch noch das Rezept für ihren Mostviertler Sommerspritzer verraten hat.  

Neubrucker Fischzucht: Teamwork für heimischen Fisch  

Gemeinsam mit Stefan und Silvia besuchen wir ihren Fischlieferanten – Neubruck Fisch. 2014 von acht engagierten Familien gegründet, besteht die Zuchtanlage heute aus insgesamt 12 Teichen unterschiedlicher Größe. Die mit glasklarem Wasser gespeisten Teiche erhalten ihre erfrischende Quellwasserzufuhr aus den nahegelegenen Bergquellen und dem Sackgrabenbach der Jessnitz. Das kühle Wasser mit einer Temperatur von 16 Grad schafft ideale Bedingungen für die Zucht von Saiblingen, Regenbogenforellen, Bachforellen und Lachsforellen. Woche für Woche werden zwischen 150 bis 200 Kilogramm Fisch geschlachtet. Die Saiblinge werden mit etwa 300 Gramm geschlachtet, die Lachsforellen zwischen 600 Gramm und 1 Kilogramm Schlachtgewicht.

Ein Fischer der Neubrucker Fischzucht ließ sich, inspiriert von Stefan Hueber, in der Ike-Jime-Methode ausbilden. Diese traditionelle, japanische Methode ist eine besonders schnelle und schonende Tötungsmethode für Fische: Der Fisch wird durch einen gezielten Stich ins Gehirn getötet, anschließend wird die Wirbelsäule vom Kopf getrennt und man lässt den Fisch im kalten Wasser schnell ausbluten. Dank dieser Methode wird weniger Milchsäure ins Fischgewebe ausgeschüttet, wodurch das Fischfleisch länger frisch bleibt, seinen Eigengeschmack besser behält und eine festere Konsistenz hat. Die Fische der Neubrucker Fischzucht genießt man am besten beim „Wirt in Bründl“. Wer sie zuhause zubereiten möchte, kann die Produkte über die Website vorbestellen und in St. Anton abholen.

d’Greisslerei – kulinarische Mitbringsel aus dem Mostviertel

Für alle, die ein Stück des authentischen Mostviertels mit nach Hause nehmen möchten, ist Barbara Bürgmayr-Posseths d'Greisslerei, am Hauptplatz von St. Leonhard am Forst ein absolutes Muss. Wir treffen die leidenschaftliche Greisslerin Barbara direkt in ihrem Laden und es wird schnell klar: Sie steckt Herz und Seele in ihre Greisslerei. „Ich liebe Leut‘“, sagt sie, „und mein Ziel war es, die vielfältigen bäuerlichen Erzeugnisse der Region an einem einzigen Ort zu versammeln.“ Mission erfüllt: Das Herzstück ihres Sortiments stammt aus einem Umkreis von gerade einmal 15 Kilometern und umfasst alles von Tofu aus Melk bis zu Senf, Leinöl, Tonic und Bergcola direkt aus St. Leonhard. Barbara legt großen Wert auf ein Vollsortiment, um den Wocheneinkauf im Ortszentrum attraktiv zu machen. „Uns liegt besonders an Bio-Produkten, aber wir führen auch ganz bewusst Artikel aus konventioneller Landwirtschaft. Ich kenne die Produzent:innen alle persönlich und weiß, dass sie super arbeiten“, sagt sie.  

Gegründet im Jahr 2016, zunächst mit einem Geschäftspartner, führt Barbara die Greisslerei heute gemeinsam mit einem engagierten Team aus vier Mitarbeiterinnen. „Alle kommen zu Fuß oder mit dem Fahrrad, das taugt mir besonders“, sagt sie. Neben der Belebung des Ortskerns war es ihr auch ein Anliegen, die lokalen Bauern und Bäuerinnen zu unterstützen. „Unsere kleinstrukturierten Landwirt:innen sind super Produzent:innen, aber keine Vertriebler:innen – und das müssen sie auch nicht sein. Das übernehmen wir“, sagt Barbara. Ein besonderes Highlight von Barbaras Greisslerei ist der verpackungsfreie Einkauf. Dank eines innovativen, selbstgebauten Dosiersystems können Kund:innen viele Produkte ohne Einwegverpackungen erwerben und so viel Müll einsparen. Freitags ist in der Greisslerei übrigens „Bratltog“, in der Kühlvitrine wartet stets frisch zubereitete „Hausmannskost to go“ (Wir empfehlen den Mostviertler Bröselpudding!) und sollte es „Reginas Schaumrollen“ geben – unbedingt zugreifen!

#momentmahl: Die rundum sehenswerte Mostviertel-Tour

Viele Wege führen zu den Protagonist:innen der weiten Land-Küche.
Lassen Sie sich von Ihrem Geschmack leiten und unseren Empfehlungen inspirieren.