Trailbauen wie die Meister

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Die Wexl Trails in St. Corona am Wechsel sind eine Meisterleistung: Sowohl in Sachen Spaß und Abenteuer als auch im Sinne eines naturverträglichen Bikeparks.

„Die Gestaltung entscheidet über die Nutzung“, sagt Philipp Wiedhofer, während er mit dem Spaten einen rotbraunen Erdhügel bearbeitet. Wiedhofer ist aber kein Garten- oder Grünflächengestalter, er ist Landschaftsplaner mit besonderem Fokus: Er errichtet Trails. Nicht für Wandernde oder Trailrunner:innen, sondern für Mountainbiker:innen.

Seine jahrzehntelange Erfahrung und lebenslange Passion für den Radsport abseits von betonierten Straßen haben ihn zum Traildesigner eines Trailparks im südlichen Niederösterreich werden lassen: den Wexl Trails in St. Corona am Wechsel. Über 70 km Traillandschaft sind der Vorstellungskraft des 40-jährigen Niederösterreichers entsprungen. Wir haben ihn an seinem Arbeitsplatz aus Steilkurven, Sprüngen und Bodenwellen besucht, und nachgefragt, wie man einen flowigen Trail errichtet, worauf es bei der Gestaltung eines nachhaltigen Bikeparks ankommt und wieso Sicherheit nicht zwangsläufig weniger Spaß bedeuten muss.

Philipp, wie und wann hat eigentlich alles mit den Wexl Trails begonnen?

Angefangen hat alles 2016: Ich hatte meinen Job als Traildesigner im Bikepark Semmering nach über zehn Jahren gekündigt und war gerade von einer Reise aus Neuseeland zurückgekehrt, da hat mich ein Anruf von meinem langjährigen Freund und heutigen Geschäftsführer der Wexl Trails, Karl Morgenbesser, erreicht. Er hat gemeint: „Da oben am Wechsel, da passiert was und ich hätte dich gern dabei.“

Das war, nachdem das Skigebiet St. Corona am Wechsel geschlossen wurde?

Genau, der Liftbetrieb war bereits eingestellt, die Infrastruktur des Skigebiets war aber nach wie vor erhalten. Neben Förderband und Tellerlift gab es ja auch jede Menge Hotels, Restaurants und Gasthöfe – die touristische Perspektive hat aber gefehlt! Also haben wir einen Masterplan entworfen.

In dem die Wexl Trails bereits eine tragende Rolle gespielt haben?

Vorerst waren bloß ein Mini-Bikepark für Kinder mit zwei Trails sowie die Sommerrodelbahn, ein Motorikpark und ein Erlebnisspielplatz geplant. Natürlich haben wir in unseren Köpfen schon weiter vorausgedacht – das landschaftliche Potential für ein weitläufiges und vor allem qualitativ hochwertiges Trailcenter war für mich völlig offensichtlich.

Allerdings benötigt es für die Realisierung solcher Großprojekte die Zustimmung unzähliger Stakeholder.

Die wir von der Plausibilität unseres Konzepts überzeugen konnten. Nicht zuletzt deshalb, weil alle Entscheidungsträger an einem Strang ziehen wollten, damit etwas in der Region passiert – von der Gemeinde über die Grundbesitzer und Forstbetriebe bis hin zu den Jägern. Der wirtschaftliche Nutzen des Projekts war allen ersichtlich, ebenso die ökologische Verträglichkeit. Wir haben keine massiven Trassen in die Landschaft gesetzt, sondern sanfte Eingriffe vorgenommen – die Nachhaltigkeit der Trails war uns ein wichtiges Anliegen. Wir wollten keine Hardcore-Downhill-Strecken errichten, sondern flowige und vor allem sichere Trails.

Wie genau gestaltet man denn einen Trail, bei dem man richtig Fahrt aufnimmt und trotzdem sicher unterwegs ist?

Indem man den gesamten Trail über so wenig wie möglich bremsen und gleichzeitig kaum in die Pedale treten muss! Dafür ist die Hangneigung entscheidend: Ist der Trail zu steil, wird viel gebremst und das Bodenmaterial aufgerissen. So entstehen Löcher und Rinnen, in denen das Wasser nicht mehr versickern kann, wodurch die Strecke unrhythmisch und letztlich auch gefährlich wird. Man benötigt einfach viel Erfahrung im Trailbau und ein gutes Auge für das Gelände. Mit den Wexl Trails ist uns ein Bikepark gelungen, der für alle Menschen fahrbar ist – unsere Trails machen Spaß, ohne dabei ein Risiko eingehen zu müssen. Genau diese Botschaft wollten wir hinaus in die Region tragen.

40.000 Ersteintritte pro Jahr sprechen dafür, dass eure Botschaft gehört wurde.

Und das freut uns sehr! Man darf aber nicht vergessen – wir sind langsam und gesund gewachsen. 2016 der Mini-Bikepark, im Folgejahr die ersten Single- und Flowtrails, in der Saison darauf kam dann der Schulterschluss mit Mönichkirchen, Mariensee und St. Corona am Wechsel, in dessen Zuge die Panoramatrails auf den Almen und rund um den Hochwechsel-Gipfel eröffnet werden konnten – ein Meilenstein in der Regionalentwicklung! Erstmals war Mountainbiken im Wechsellandgebiet legal möglich, ohne dabei groß in die Natur eingreifen zu müssen: Wir haben lediglich Forst- und Almwege adaptiert und beschildert. 

Wie steht es um die Zukunft der Wexl Trails, was ist als Nächstes geplant?

Vor zwei Jahren haben wir unser Angebot um eine Jumpline, den Bergabradweg und eine gefinkelte Downhill-Strecke erweitert. Die Beförderung findet nicht mehr mit Shuttles, sondern mit einem Bikelift auf Basis des Winter-Schleppliftes statt. Für dieses Jahr stehen Sanierungsarbeiten an bestehenden Trails und eine Verbindungsroute von der Wexl Lounge nach Aspang an. Ein Zusammenschluss mit Kirchberg ist ebenso in Planung und wenn alles gut geht, dann werden wir noch in dieser Saison vom Hochwechsel aus eine Anbindung in die Steiermark errichten – das wäre dann ein Trail-Zuwachs von über 30 Kilometern.