„Mein Zuhause ist meine Küche“

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Tradition neu interpretiert: Der Puchegger-Wirt, das sind 127 Jahre, fünf Generationen, eine Familie.

Könnten die Mauern des Puchegger-Wirts in Winzendorf am Fuße der Hohen Wand sprechen, sie hätten bestimmt viele Geschichten parat. Vielleicht würden manche von den unzähligen Festen handeln, die hier gefeiert wurden – von Hochzeiten, Taufen und Geburtstagen. Oder von den „Goldenen Jahren“, in denen hunderte Mittagessen gekocht wurden. Vielleicht könnten sie auch etwas von den zwei großen Kriegen erzählen, die sie überlebten oder den fünf anderen Wirtshäusern im Ort, die nach und nach aus dem Dorfbild verschwanden. Ganz sicher wären es aber Geschichten, die von Tradition und Umbrüchen handeln würden, von Innovation und Beständigkeit und einer ganz besonderen Familie: den Pucheggers. Seit insgesamt fünf Generationen kochen und bewirten sie ihre Gäste im Puchegger-Wirt. Und weil Mauern, wenn man sie befragt, nicht antworten, haben wir mit Christoph Puchegger, dem Jungunternehmer und Chefkoch gesprochen und wir haben schnell gemerkt: Auch er hat viele Geschichten parat.  

Der Puchegger-Wirt steht wie kaum ein anderer Betrieb für Familientradition. Gibt es Raum für Veränderung oder wird Altbewährtes beibehalten?  

Christoph Puchegger: In unserer langjährigen Familiengeschichte war beides von großem Wert: das Altbewährte genauso wie der Mut, um Neues zu wagen. Bisher hat jede Generation etwas verändert, hat etwa das Haus um- und ausgebaut oder die Speisekarte erweitert. Und natürlich sind wir nicht mehr dasselbe Gasthaus, das wir vor mehr als hundert Jahren waren, als es mein Ururgroßvater eröffnete. Aber gewisse Dinge – vor allem jene die sich bewährten – haben wir über all die Jahre beibehalten, den Schinken zum Beispiel, der hausgemachte Emmerberger Rauchschinken. Oder aber – und das zieht sich wie ein roter Faden durch die Familiengeschichte – die Liebe zur Arbeit. Trotzdem blieb in unserer Familiengeschichte immer Raum, um sich auszuprobieren und Neues zu lernen.  

Vor drei Jahren haben Sie den Betrieb von Ihrem Vater übernommen. Ist es Ihrem Vater schwergefallen, den Puchegger-Wirt der nächsten Generation zu überlassen?  

Nein, das würde ich nicht sagen. Mein Vater genießt seine Freiheit sehr und auch, dass er nicht mehr die volle Verantwortung trägt. Dennoch: Er ist noch Teil des Betriebs, der Patron, wenn man so will, der die Gäste noch beim Namen kennt und sie begrüßt. Er bringt sich nun eben anders in den Betrieb ein, er hat eine neue Rolle gefunden. Zurzeit macht er Pralinen selbst und er bäckt unser Brot.  

Sie sind hier aufgewachsen, leben seit rund 33 Jahren in Winzendorf. Würden Sie sagen, dass Sie besonders verwurzelt in der Region sind?  

Auf jeden Fall. Ich bin hier aufgewachsen, habe sogar die Koordinaten von meinem Wirtshaus am Oberarm tätowiert. Und obwohl ich mir im Nebenort ein Haus gebaut habe, fühl ich mich nirgends so zuhause wie in unserem Wirtshaus, oder genauer gesagt: in der Küche.  

In vielen Gemeinden sperren immer mehr Wirtshäuser zu, seit Jahren schon spricht man vom sogenannten Wirtshaussterben. Welchen Stellenwert hat der Puchegger-Wirt für die Gemeinde? 

Man muss sagen: Das typische Dorfgasthaus, wie es meine Oma geführt hat, das sind wir nicht mehr, wir sind heute ein Speiselokal. Trotzdem erfüllen wir noch eine Funktion in der Gemeinde, wir haben immer noch einen Stammtisch, wo die Leute zum Plaudern kommen. Und es ist natürlich auch schön zu sehen, dass die Leute aus der Gemeinde regelmäßig zum Essen kommen.  

Wonach schmecken die Wiener Alpen denn?  

Kulinarisch merkt man die Einflüsse der Wiener und der pannonischen Küche. Aber, und das freut mich wirklich sehr, die Wiener Alpen schmecken immer regionaler. Das liegt an den vielen aufstrebenden Bauern der Region, die in höchster Bio-Qualität produzieren. Manche pflanzen Urgetreide, andere züchten Welse oder halten Schweine. Es ist schön zu sehen, dass es die Leute wieder interessiert, woher ihr Essen kommt und natürlich profitieren wir auch davon.  

Wo trifft man Sie zum Essen, wenn Sie einmal nicht in der Küche stehen?  

Ich probiere sehr gern Neues und vertraue da tatsächlich auf die Niederösterreichische Wirtshauskultur. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man überall dort, wo das grüne Taferl hängt, verlässliche Qualität auf den Teller bekommt, und zwar vom bodenständigen Wirtshaus bis zum Haubenlokal. Ein Highlight ist natürlich der Triad in Krumbach, der meiner Meinung nach zu den besten Haubenlokalen überhaupt gehört. In Bad Fischau-Brunn gehe ich sehr gern zum Heurigen Sederl.  

Und Ihr absoluter Lieblingsplatz?  

Ich gehe gern mit meinem Hund im Wald von Winzendorf spazieren, erkunde die kleinen Wege zwischen den Bergen. Es gibt dann ein Platzerl mit dem Namen „Schöne Aussicht“, das ist wohl mein Lieblingsplatz. Ganz abgesehen von meiner Küche natürlich. 

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