Ein Garten wie damals

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Wer durch den Barockgarten von Schloss Hof mit seinen sieben Terrassen flaniert, wird in die Zeit zurückversetzt, als Prinz Eugen dort residierte.

Katrin Harter ist Kuratorin von Schloss Hof und hat uns die spektakuläre Geschichte der Rekonstruktion des Gartenparadieses erzählt, das Prinz Eugen von Savoyen im 18. Jahrhundert errichten lassen hatte. 

Der siebenterrassige Barockgarten von Schloss Hof gilt als eine der schönsten Gartenanlagen der Epoche. Er wurde detailgetreu restauriert. Wie ist man dabei vorgegangen?

Katrin Harter: Johann Lucas von Hildebrandt, der Architekt des Prinzen Eugen von Savoyen, hatte den Garten bewusst so angelegt, dass man nicht sofort die ganze Anlage überblicken kann. Man musste sich diese quasi zu Fuß „erarbeiten“. Auch als adeliger Besucher sollte man sich die Mühe machen, von einer Terrasse zur nächsten zu gehen.

Das große Glück auf Schloss Hof ist, dass sich die Grundstruktur der Terrassen erhalten hat, und dass der barocke, streng nach französischer Manier gestaltete und architektonisch geprägte Garten im 19. Jahrhundert auch nicht in einen englischen Landschaftsgarten umgewandelt wurde. Es hat sich dann jedes Jahr eine kleine Schicht Erde auf den Terrassen abgelegt. Als man 2002 das große Revitalisierungsprojekt gestartet hat, wurde zunächst damit begonnen, diese Erdschichten abzugraben, um zu sehen, wie viel von der Bodenstruktur des 18. Jahrhunderts noch vorhanden war. Glücklicherweise war bei den meisten Terrassen noch genug vorhanden, sodass man das barocke Erscheinungsbild mit Hilfe von historischen Plänen rekonstruieren konnte.

Zu diesen Plänen gibt es eine Geschichte, oder?

Genau. Gleichzeitig zu diesem umfangreichen Revitalisierungsprojekt wurde im Jahr 2006 ein sensationeller Fund gemacht: Im Kunsthandel ist ein ganzes Konvolut an Plänen aufgetaucht, das einst im Besitz eines Hofgärtners namens Franz Rauch war. Man kann es als seine Arbeitsmappe bezeichnen. Darin befanden sich Stiche von berühmten europäischen Gartenanlagen, die ihm vielleicht auch als Anregung dienten. Zwei der Pläne konnte man als Pläne von Schloss Hof identifizieren. Einer geht auf den Hofgärtner Anton Zinner zurück und ist nur zur Hälfte erhalten. Er stammt noch aus dem frühen 18. Jahrhundert, also aus der Prinz-Eugen-Zeit, und zeigt lediglich die ersten drei Terrassen, die Form der Beete. Der zweite Plan war aus der Zeit Maria Theresias und ist deshalb so wichtig, weil er die Gestaltung aller Terrassen wiedergibt. Die Pläne unterscheiden sich ein bisschen im Detail, aber im Grunde genommen weiß man: Die ersten drei Terrassen waren mit kunstvoll angelegten Blumenbeeten und Buchs bestückt, sonnendurchflutete, sogenannte Broderieparterres. Im Vergleich dazu war die untere, siebente Terrasse durch vier große, halbschattige Niederwaldbereiche, sogenannte Boskettbereiche mit integriertem Wegesystem gestaltet.

Gibt es eine Terrasse, die besonders schön ist?

Die dritte Terrasse ist sicherlich die bekannteste und für viele die prachtvollste. Der Besucher betritt sie kommend von der Sala Terrena, dem Gartensaal des Schlosses. Man ist schier überwältigt von der Blumenpracht, die plötzlich vor einem liegt. Das ist schon ein erhebender Anblick – und gleichzeitig bietet sich ein herrlicher Ausblick auf die weite Landschaft des Marchfelds.

Waren nicht auch die Bilder eines Künstlers hilfreich bei der Rekonstruktion?

Ja natürlich, und zwar jene drei Ansichten, die der Maler Bernardo Bellotto, der unter dem Namen Canaletto weltberühmt wurde, von Schloss Hof gemalt hat. Er war dafür bekannt, detailfreudige Bilder anzufertigen. Und nicht zuletzt dank seiner drei Ansichten konnte man einzelne Gartenbereiche sehr genau rekonstruieren. Man hat zum Beispiel, wie auf seinen Bildern zu sehen ist, die Kastanienalleen wieder streng gereiht gepflanzt. Auch die Linden werden heute, wie auf seinen Bildern zu sehen ist, kugelförmig geschnitten. Man konnte also mit den Gemälden, Gartenplänen, historischen Pflanzenbüchern und Erkenntnissen der gartenarchäologischen Grabungen das große Gartenpuzzle weitgehend authentisch wieder „zusammenstellen“. Deswegen hat man hier im Schloss Hofer Garten auch das Gefühl, dass alles ineinandergreift; dass sich Kunst und Natur in perfekter Form ergänzen. Das macht den Charme von Schloss Hof aus.

Ein wichtiges Element im Garten sind die Brunnen. Wie wurden sie rekonstruiert?

Von den ursprünglich sechs Brunnenanlagen waren nur zwei erhalten geblieben. Glücklicherweise konnten die in der Erde verborgenen Becken und Grundstrukturen der zerstörten Brunnen wieder ausgegraben und auf den Originalfundamenten wiederhergestellt werden. Man hat beim Hauptbrunnen, der großen Kaskade, bei dem das Wasser meterhoch über Kaskaden hinunterstürzt, die Lehmschicht des frühen 18. Jahrhunderts gefunden. Das waren 30 bis 50 cm dicker festgestampfter Lehm. Man hat die Ziegel der Brunnenbecken aus der Zeit Prinz Eugens gefunden und auch andere Teile der Brunnenanlage selbst. Dass diese authentisch rekonstruiert werden konnte, ist sensationell. Wenn der Brunnen heute in Betrieb genommen wird, ist das ein berauschendes Erlebnis, vor allem im Sommer, wenn es heiß ist. Das war auch früher schon so: Wenn Prinz Eugen Gäste hatte – und nicht jeder durfte nach Schloss Hof, nur die engsten Freunde – und man ist im Garten lustgewandelt, dann wurden die Schleusen der mit Wasser gespeicherten Teiche im Nachbarort geöffnet. Es dauerte natürlich einige Zeit, bis die Brunnen alle gefüllt waren und die Fontänen meterhoch in die Höhe schossen. Dieses Schauspiel war fantastisch. Der Garten war plötzlich durch das Wasser mit Leben erfüllt. In jedem Winkel des Gartens hörte man das kostbare Nass. Doch es war ein vergängliches Schauspiel, wie ein Feuerwerk: Man benötigte dafür nämlich sehr viel Wasser, das nicht wieder zurückgepumpt werden konnte. Deshalb konnten die Anlagen auch nicht den ganzen Tag in Betrieb sein. In der Sommerhitze war dieses Spektakel jedenfalls fantastisch, dieses Glitzern mit der Blumenpracht links und rechts daneben, und den kühlenden Bäumen weiter außen. Das war eine Bühne sondergleichen – und heute können wir dies den Besuchern wieder vermitteln.

Was können Sie über die Skulpturen erzählen?

Neben dem Wasser, dem lebendigen Element in einem barocken Garten, haben die Skulpturen die Aufgabe, Inhalte zu visualisieren. Auch sie sind wichtiger Bestandteil eines barocken Gartens. In Schloss Hof soll durch Figuren beispielsweise die Umgebung in den Garten miteinbezogen werden. Deswegen werden in der sogenannten Grotte die Flüsse Donau und March dargestellt. Auch der Kreislauf der Natur soll gezeigt werden: Deshalb gibt es Skulpturen zu den vier Jahreszeiten und Reliefvasen mit den Darstellungen der Elemente Feuer, Wasser, Luft und Erde. Letztendlich soll aber immer auch den Besitzern gehuldigt werden. Prinz Eugen ließ dies durch heroische Figuren aus der antiken Mythologie verewigen: Die Skulptur, die Herkules darstellt, spielt auf seine Tugendhaftigkeit und kluge Staatsführung an, die Apoll-Figur stellt ihn als Förderer der Künste dar – er hat ja wirklich nur die besten Künstler seiner Zeit beschäftigt. Die Darstellung von Kriegsgott Mars kann man als Hinweis auf den siegreichen Feldherrn Prinz Eugen lesen.

Vor welchen Herausforderungen stand der Architekt damals?

Prinz Eugen war Anfang 60, als er 1725 hier ein altes Renaissancekastell erwarb. Er hatte alles erreicht, was er erreichen wollte, und schuf sich in Schloss Hof einen Rückzugsort. Sein Architekt Johann Lucas von Hildebrandt stand bei der Planung des gesamten Schlossgeländes vor der Herausforderung, dass das alte Schloss nach Süden hin orientiert war. Die Anlage sollte nun aber nach Osten ausgerichtet werden. Nachdem die Umbauarbeiten am Schloss fertig waren, sollte auch ein entsprechend prachtvoller Garten entstehen. Damals war nach der dritten Gartenterrasse mit der abschließenden hohen Basteimauer der Berg mehr oder weniger steil abfallend. Hildebrandts Aufgabe war es, diesen Hang zu terrassieren. Er wendete den sogenannten Goldenen Schnitt an, das heißt, alles wurde genau ausgemessen und die Breitenmaße mussten in einem bestimmten Verhältnis zu den Höhen- und Längsmaßen stehen. Um die exakten Maßeinheiten zu erreichen, wurde die letzte Terrasse noch etwas angeschüttet. 200 Maurer und 400 Tagelöhner waren für einige Jahre mit der Anlegung der Gartenterrassen beschäftigt. Der Garten sollte möglichst rasch fertig werden, damit Prinz Eugen sein Paradies auch noch etwas genießen konnte.

Wie sollte man als Besucher:in idealerweise durch den Garten gehen?

Die sieben Terrassen haben circa 16 Hektar, und wenn man sich als Besucher:in auf den Garten einlassen will, dann sollte man alle Terrassen hinuntergehen so wie Prinz Eugen seinerzeit. Idealerweise startet man auf der ersten Terrasse hinter dem Neptunbrunnen und folgt dann der mittleren Sichtachse Richtung Schloss. Man durchquert den Schlossinnenhof und die Sala Terrena – den Gartensaal. Danach betritt man die sonnendurchflutete dritte Terrasse und lässt sich weiter leiten bis zur siebenten Ebene. 

Und wenn man all das auch genießen möchte, dann sollte man mindestens eineinhalb Stunden einplanenund vielleicht einen Picknickkorb mitnehmen: Wir haben ausreichend Flächen und Sitzgelegenheiten, wo man sich während dieses Gartenspaziergangs niederlassen kann. Wenn man dann schließlich am Ende des Gartens ein bisschen müde, aber zufrieden beim sogenannten Marchtor ankommt, wird man mit einem fantastischen Blick belohnt, der Großteils mit der berühmten Ansicht von Canaletto ident ist. Von diesem Standort aus hat man auch den Eindruck, als wäre das Schloss mit den Brunnenanlagen verbunden – dieser Anblick ist jedes Mal aufs Neue einfach wunderschön!

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