Durch die Kellergasse flanieren, © Mara Hohla

Köstliche Geschichten vom Stadtmärchen

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Mah guat! Foodfotografin und -bloggerin Mara Hohla entdeckt vergessene Weingärten, trifft starke Winzerinnen und verkostet erlesene Weinkulinarien.

Wein soweit das Auge reicht

Sich zuerst mal einen Überblick verschaffen wär eigentlich nicht blöd. Das kann hier im Traisental nur eines bedeuten: Es geht hinauf. In diesem Fall auf die Spitze des Korkenziehers, einer 15 Meter hohen Aussichtsplattform mit ziemlich spektakulärem Blick über das gesamte Gebiet. Ganz oben angekommen schwankt man, sprich ich, zwischen Respekt vor der Höhe und der Freude über den unfassbar tollen Ausblick. Am Ende überwog dann aber doch Letzteres.

Höhenluft macht ja bekanntlich hungrig. Deshalb ging’s durch die Ahrenberger-Eichberger Kellergasse in das wenige Minuten entfernte Traismauer, um im dortigen Nibelungenhof einzukehren. Was soll ich sagen: BESTES Cordon Bleu, das ich jemals gegessen hab! Ganz abgesehen von der wirklich ausgezeichneten Wirtshaus-Küche, bietet der Nibelungenhof aber viel mehr, als es auf den ersten Blick scheinen mag. In der Küche von Rainer Melichar brodelt’s hinter den Kulissen. Eine einzigartige Methode die geschmackliche Essenz von Obst und Gemüse zu gewinnen nahm hier ihren Ursprung. Mit Succowell hat der Koch durch die Gewinnung von frischem Natursaft und dessen vielfältigen weiteren Verfeinerungsstufen eine visionäre Art der Zubereitung geschaffen.

O'Saft is'

Eines habe ich im Traisental schnell gemerkt: Der Weinbau hier ist modern, jung und weiblich. Das beste Beispiel dafür ist Viktoria Preiß, eine Winzerin voller Leidenschaft und höchsten Ansprüchen an die Qualität ihrer Produkte. Und das gilt für beide Bereiche des Familienbetriebs. Neben der Weinkultur ist die Obstkultur der zweite Fokus, der hier gelegt wird. Gemeinsam setzen wir uns spontan ins Auto, ausgestattet mit ein paar Flascherl Wein und Gläsern fahren wir auf eine der 3 Großlagen des Gebiets, den Parapluiberg. Mit Blick über die Reben schmeckt der Wein ja bekanntlich besonders gut…

Schlafen inmitten der Weinberge

Kaum angekommen in unserer Unterkunft, im Winzerhaus Schöller, bin ich in Wahrheit jetzt schon dabei meinen nächsten Besuch hier zu planen. Das sagt eigentlich alles, oder? Ein echtes Highlight ist Karl, ein zu einem modernen Tiny House umgebauter Wohnwagon mitten in den Weinbergen! Mein Tipp: Unbedingt im Heurigenkalender nachschauen, wann im Hause Schöller ausg’steckt ist. Denn das ist mitunter einer der gemütlichsten Heurigen in dem ich jemals war. Mitten im Weingarten sitzen, eine Brettl-Jause vom Feinsten und ein (zwei, drei…) gute Achterl Wein. Das ist so ungefähr meine Definition von Glück.

Saftiges aus dem Traisental – die Zweite

Nach den gestrigen Achterln Wein fällt zwar das Aufstehen nicht ganz so leicht, aber bei Obst (und Wein) kenn ich halt nichts. Nur einen Steinwurf von unserer Unterkunft im Winzerhaus Schöller entfernt, liegt der Obsthof & Weingut Altenriederer. Auf einer Fläche von rund 45 ha werden verschiedenste Obstsorten angebaut und direkt am Betrieb zu Säften weiterverarbeitet. Was ich besonders spannend finde, ist die Tatsache, dass bei der Abfüllung vollkommen auf Plastikflaschen und Tetrapak verzichtet, und ausschließlich in (Pfand-)Flaschen abgefüllt wird. Neben dem Selberpflückfeld (Himbeeren so weit das Auge reicht? Yes, please!) bin ich eventuell im Hofladen ein bisserl gröber eskaliert. Die Auswahl an Säften und hofeigenem Obst war einfach zu verlockend! Zwar nicht viel, aber doch ein bisserl Platz im Kofferraum hab ich dann aber doch noch lassen, denn…

Ausgezeichnete Traubenkultur

Vom Obsthof auf direktem Weg zum Weingut? Das ist halt genau meine Art von Urlaub. ;) Tom Dockner hat uns gleich mit einem Glaserl seines frisch prämierten Rieslings begrüßt. Ebenfalls ganz nach meinem Geschmack – der Wein UND die Art der Begrüßung!

Gemeinsam mit Tom, unserem Gastgeber, und Koch Mike Nährer haben wir uns über den Zusammenhalt und Austausch zwischen den Winzerinnen und Winzern des Traisentals unterhalten. Statt Konkurrenz wird hier auf gemeinsame Entwicklung neuer Ideen und verschiedene Arten der Zusammenarbeit gesetzt. Tom und Mike sind hier das beste Beispiel. Nicht nur, dass die beiden gemeinsame Sache im Rahmen der Veranstaltungen der Mostviertler Feldversuche machen, sondern auch bei einem anderen, wirklich einzigartigen, Projekt:

Wein aus vergessenen Gärten

Mike Nährer führt nicht nur das gleichnamige Wirtshaus im Mostviertler Rassing, sondern ist auch Initiator eines weiteren spannenden Projekts im Traisental. „Ich wollte einfach einen Schritt weiter gehen“, erzählt Mike während er die Flasche seines neuesten Weins „Antwurti“ genau betrachtet. Eine Idee, die sich andauernd verändert und ihren eigenen Willen hat, eben genau so wie der Wein, der dabei entsteht. Aus vergessenen Weingärten des Traisentals entwickelt Mike Nährer Weine, die so charakterstark sind, dass sie mich beim ersten  Schluck schon vollkommen faszinieren.

Einen Korb bekommen

Dass ich seit der ersten Minute im Winzerhaus Schöller ein Fan bin, hab ich ja bereits erwähnt. Besser als Wohnwagon im Weingarten, großartiger Heuriger und die nettesten GastgeberInnen zwischen Feldkirch und Gänserndorf kann es wohl nicht werden. OH DOCH! Ich sag nur soviel: Picknick mit Blick über die Weingärten! Ausgestattet mit einem wirklich reichlich gefüllten Picknick-Korb (inklusive Weinbegleitung) sitzt man hier gemütlich auf einem Bankerl mitten im Wein und genießt einfach nur. Das war wahrscheinlich mein absolutes Highlight dieses Trips!  

Prickelnde Momente erleben

Spaß muss es machen. Etwas anderes würde auch gar nicht zu Johanna Müllner passen. Die Jungwinzerin hat mit ihrem PetNat Bubbles etwas geschaffen, das einfach Freude beim Trinken macht. Die Tatsache, dass ihre ganze Familie inklusive (und vor allem) ihres Großvaters von Anfang an begeistert von ihrer Idee war, zeigt einfach einmal mehr, was das Traisental ausmacht. Denn Offenheit und Begeisterung für die Ideen und Visionen der jungen Winzerinnen und Winzer wird hier gelebt.

Wände die Geschichte schreiben

Wir fahren zurück in Richtung Wien. Vorbei an Heuschobern, Höfen und Wohnhäusern. Ganz unvermutet tauchen vor uns übergroße Kunstwerke auf, gemalt auf ebendiese Gebäude. Damit rechnet man nun wirklich nicht, wenn man durch die kleinen Ortschaften des Traisentals fährt. Aber in der Gemeinde Würmla ist alles ein bisserl anders. Denn sie sind der Schauplatz eines, meiner Meinung nach unglaublich beeindruckenden Kunstprojekts, initiiert von Katharina C. Herzog und David Leitner. Mit „Würmlas Wände“ haben sich die beiden hier mitten im Traisental verewigt.

Die Tage hier sind sprichwörtlich verflogen. Das Traisental – so nah an Wien gelegen und doch ein solcher Geheimtipp. Mich bei einem Glas Wein mit so jungen, inspirierenden (und einfach schlichtweg verdammt coolen) Menschen zu unterhalten, hat unglaublich viel Spaß gemacht. Mit einem Kofferraum voller Saft, Obst und vor allem Wein geht’s also zurück in die Hauptstadt. Aber spätestens wenn beim nächsten Heurigen ausg’steckt ist, bin ich wieder hier, das steht fest!

Wissenswertes zur Weinreise

Weinbaugebiet Traisental
Wohnen beim Wein Winzerhaus Schöller, Wohnwagon „Karl"
Wein verkosten & regional kaufen Wein- und Obstkultur Preiß, Winzerhaus Schöller, Obsthof & Weingut Altenriederer, Weingut Tom Dockner, Winzerhof Müllner
Gut essen Nibelungenhof, Gasthaus Nährer
Ausflugsziele besuchen Korkenzieher, Ahrenberger-Eichberger Kellergasse, Würmlas Wände