Die Babenberger in Niederösterreich

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Wer sich in Niederösterreich auf die Spuren der ersten Landesherren setzt, stößt unweigerlich auf prachtvolle Stifte und altehrwürdige Burganlagen.

Wenn Niederösterreich als das Kernland Österreich bezeichnet wird, dann liegt das an den Babenbergern, dem ersten Herrscherhaus Österreichs, das in Niederösterreich seine steile Karriere begann. Noch heute zeugen Klöster und Burgen von dem Durchsetzungswillen und Weitblick seiner Vertreter.

Das Grafen- und Herzogsgeschlecht der Babenberger herrschte von 976 bis 1246 über Österreich, das damals in erster Linie aus Teilen Niederösterreichs bestand. Die Familie gehörte schon vor ihrer Berufung ins österreichische Markgrafenamt im 10. Jahrhundert zur oberen Mittelschicht des damaligen Bayerns. Zwei besondere Talente sorgten dafür, dass die Babenberger zur ersten Herrscherdynastie Österreichs wurden.

Auf der Siegerstraße

Erstens die Gabe, bei Auseinandersetzungen anderer fast immer auf der Seite der Gewinner zu stehen. So z. B. Leopold I., der beim Streit Kaiser Ottos II. mit Heinrich dem Zänker treu zum Kaiser hielt und von diesem dafür mit der Ostmark (oder Ostarrîchi genannt) belohnt wurde. Das zweite Talent der Babenberger war, dass sie das Potenzial erkannten, das in Ostarrîchi steckte. Sie zogen sich nach und nach aus ihren bayerischen Besitzungen zurück und setzten voll auf das werdende Land Österreich. In den 270 Jahren ihrer Herrschaft wurde der einst schmale Streifen nördlich der Donau zu einem eigenständigen politischen Gebilde, von dem aus seine Fürsten Macht und Ansehen erwerben konnten.

Die Babenberger in Melk

Leopold I. wählte die Burg in Melk zu seiner Residenz, die seine Nachfolger nach und nach mit wertvollen Schätzen und Reliquien "ausstatteten", z. B. mit dem Leichnam des Hl. Koloman. An der letzten Ruhestätte des Heiligen wurde 1089 ein Benediktinerkloster gegründet, in dessen Stiftskirche noch heute das Grab des mutmaßlichen irischen Königssohnes Koloman liegt. Gleich daneben, in einem Seitenflügel der Kirche, ruhen auch die Gebeine anderer wichtiger Babenberger, darunter die der Markgrafen Leopold I., II., Ernst, Adalbert und Heinrich I. Stift Melk wurde zu einem geistig-geistlichen Zentrum des Landes, ist dann später zu einem der schönsten und größten Barock-Ensembles in Europa ausgebaut worden und gehört heute zum UNESCO Weltkulturerbe Wachau.

Die Residenz in Klosterneuburg

Die Babenberger blieben nicht lange in Melk, sondern zogen weiter nach Osten. Markgraf Leopold III., später heilig gesprochen und als Landespatron Österreichs verehrt, verlegte 1113 seine Residenz nach Klosterneuburg und ließ hier die zu jener Zeit größte Klosteranlage bauen. Eine Legende, die in Österreich jedes Kind lernt, verklärt die Gründung so: Neun Jahre, nachdem seine Gattin Agnes ihren Brautschleier verloren hatte, soll Leopold bei einem Jagdausflug das kostbare Stück an einem Holunderstrauch hängend völlig unversehrt wieder gefunden haben. In Erfüllung eines Gelübdes wurde die Fundstelle als Standort des Stifts auserkoren.

Als Fürstenresidenz war das Stift der Augustiner Chorherren nun also Zentrum der Hofhaltung, Kultur, Verwaltung und Diplomatie. Sein heutiges prunkvolles Aussehen erhielt Stift Klosterneuburg übrigens gute 600 Jahre später im Barock. Kaiser Karl VI., der Vater Maria Theresias, wollte das Stift Klosterneuburg nach dem Vorbild des spanischen El Escorial als Kloster und Herrscherpalast etablieren. Allerdings starb Karl zehn Jahre nach Baubeginn und die Arbeiten wurden eingestellt, obwohl nur ein Viertel der geplanten Anlage fertig wurde.


 

Besonders sehenswert: Der berühmte Babenberger Stammbaum, ein monumentales Gemälde, das vom Stift nach der Heiligsprechung Leopolds III. im Jahr 1485 in Auftrag gegeben wurde und auf dem die einzelnen Vertreter der Herrscherdynastie in wichtigen Szenen ihres Lebens zu sehen sind. Der Verduner Altar, der auf 51 Emailtafeln die Epochen der Heilsgeschichte darstellt, ist sicher der kostbarste Kunstbesitz des Stiftes und eines der bedeutendsten Kunstwerke des Mittelalters. Und der Österreichische Erzherzogshut, die heilige Krone Österreichs: Der mit Rubinen, Smaragden, Saphiren, Perlen besetze und mit rotem Samt und Hermelin verarbeitete Hut wird seit 1616 in der Schatzkammer aufbewahrt. Er gilt als Pendant zu den »heiligen Kronen« von Ungarn, der Stephanskrone, und der Wenzelskrone der Böhmen. Wie die beiden anderen Kronen ist der Erzherzogshut einem Heiligen zugeordnet, nämlich dem Stiftsgründer und Landespatron, dem heiligen Leopold.

Stift Heiligenkreuz

Leopold III. gründete nicht aber nicht nur Stift Klosterneuburg, sondern auch Stift Heiligenkreuz. Sein Enkel, Herzog Leopold V., der mit König Richard Löwenherz auf Kreuzzug nach Jerusalem zog, schenkte dem im Wienerwald liegenden Kloster 1188 ein 23,5 cm langes Stück des Heiligen Kreuzes, daher der Name. Die eindrucksvollste Kreuzreliquie nördlich der Alpen wird bis heute hoch verehrt. Leopold V. hat wie manch weiterer Babenberger seine letzte Ruhestätte im ehemaligen Kapitelsaal des Klosters gefunden. Dieser gehört zu den Highlights eines Besuchs, weitere sind der Kreuzgang, das Brunnenhaus oder die Stiftskirche. Besonderheit: Bei ihrem Chorgebet pflegen die Zisterzienser-Mönche in Heiligenkreuz den jahrhundertealten Gregorianischen Choral. Gegen Anmeldung können auch Gäste am Chorgebet teilnehmen.

Stift Lilienfeld

1202 holte der Babenberger Herzog Leopold VI., auch der Glorreiche genannt, Zisterziensermönche aus dem Stift Heiligenkreuz nach Lilienfeld – eine bewährte Methode, das damals beinahe unbesiedelte Gebiet urbar zu machen. Das Stift Lilienfeld, das die Zisterzienser gründeten, ist noch heute ein spirituelles und kulturelles Zentrum im Traisental. Es gilt als eines der schönsten Denkmäler mittelalterlicher Baukunst in Österreich und ist die größte erhaltene zisterziensische Klosteranlage in Mitteleuropa.

Die Burgen der Babenberger

Der Inbesitznahme neuer Ländereien folgte im Mittelalter unweigerlich die Errichtung einer Burg, denn irgendwie musste man ja die Neuerwerbung vor den Begehrlichkeiten der Nachbarn schützen. Da die Babenberger ihre Besitzungen sehr erfolgreich vergrößerten, waren sie in Niederösterreich auch die fleißigsten Burgbauherren. Zu den bedeutendsten Burganlagen der Babenberger zählen die Burgruine Gars am Kamp, eine der ältesten Burganlagen Österreichs, wo heute im Sommer beliebte Opernfestspiele stattfinden. Weiters die Burg Starhemberg, die damals eine der größten Burgen Österreichs war. Burg Raabs  an der Thaya gelegen, das heute kulturell bespielt wird und Heimat eines Buchverlages ist. Sowie die Burg in Kottingbrunn, aus der  sich das heutige Wasserschloss Kottingbrunn entwickelte und in dem sich heute ein Schlossmuseum befindet.