Rund um Litschau

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Wo hoch im Norden Wald und Teich auf den Teller kommen und regionale Produzent:innen Waldviertler Klassiker zum Hochgenuss machen.

Ganz im Norden des Waldviertels – die tschechische Grenze ist nur einen Steinwurf entfernt – liegt das malerische Städtchen Litschau. In den Sommermonaten ist es ein beliebter Sommerfrische-Ort. Hier, umgeben von Wäldern, Wiesen und Seen, kommt man zur Ruhe und kann die Natur in vollen Zügen genießen – auch in den kühleren Monaten des Jahres. Wenn der Herrensee, einst im 16. Jahrhundert als Fischteich wie unzählige andere in der Region angelegt, zufriert, lädt er zum winterlichen Spazieren und Eislaufen ein. Unter der Eisdecke tummeln sich noch heute Edelfische wie Karpfen, Hecht, Zander und Wels.

Die Teiche und ihre Bewohner:innen spielen auch auf Schloss Litschau die kulinarische Hauptrolle: Bei Franziskus und Amelie Seilern-Aspang erfahren wir mehr über die traditionelle Fischzucht im Waldviertel sowie über die uralte Jagdtradition, die tief in den Wäldern des Waldviertels verwurzelt ist. Und wir lassen es uns nicht nehmen, in der Küche von „Dorfwirt“ Klaus Hölzl zu kosten, wie Waldviertler Fisch und Wild schmecken.

Aktien mit Kulinarik-Potential: Fisch und Wild auf Schloss Litschau 

Über dem eineinhalb Kilometer langen Herrensee thront Schloss Litschau. Erstmals urkundlich erwähnt im Jahr 1215, wird hier beinahe ebenso lange Fischzucht betrieben. Seit 1763 befindet sich das Schloss im Besitz der Familie Seilern-Aspang, mit Franziskus und Amelie Seilern-Aspang lenkt seit kurzem die nächste Generation die Geschicke auf Schloss Litschau. Dank der schlosseigenen Jagd wurde auch immer Wild geschossen, lange Zeit jedoch lediglich als Wildbret verkauft oder nur für den Eigengebrauch verwendet. „Früher hatte Wildfleisch nicht den Stellenwert, den es heute hat. Glücklicherweise hat es nun den Status erreicht, den es wirklich verdient. Meiner Meinung nach ist Wildfleisch eines der besten Lebensmittel überhaupt“, sagt Franziskus Seilern-Aspang. Der ausgebildete Forstwirt und Jäger ist der Geschäftsführer der drei Betriebszweige von Schloss Litschau: Jagd, Fischzucht und Forstwirtschaft. Im Jahr 2021 begann er gemeinsam mit seiner Frau Amelie, die schlosseigenen Wild- und Fischprodukte direkt zu vermarkten – samt den „Fisch– und Wildaktien“ von Schloss Litschau, mit denen sich jeder und jede einen Anteil an den Produkten sichern kann. „Wenn man das Glück hat, ausreichend Wildfleisch für die Direktvermarktung zu haben, sollte man diese Gelegenheit nutzen. Mit meiner Frau Amelie habe ich das Glück, eine solche Idee verwirklichen zu können, weil sie die Vermarktung übernimmt“, sagt er. 

Das Wildfleisch stammt ausschließlich aus der schlosseigenen Jagd und somit aus einem Umkreis von lediglich zehn Kilometern rund um Litschau. Dank eines neuen, modernen Schlachtraums können die Jäger:innen das erlegte Wild rund um die Uhr anliefern, was zur hohen Qualität des Fleisches beiträgt. Geschossen wird, was für ein natürliches Gleichgewicht im Wald notwendig ist. Pro Jahr sind das rund 200 Wildschweine und 50 Rehe. Nach dem Ausnehmen kontrolliert ein Tierarzt die Qualität des Fleisches, anschließend wird das Tier aus der Decke geschlagen, sprich das Fell wird abgezogen, und erneut vom Tierarzt kontrolliert. Schließlich wird das gesamte Tier innerhalb von sieben Tagen vom Zeitpunkt des Schusses verarbeitet. 

Für die Verarbeitung auf Schloss Litschau ist Fleischermeister Flo verantwortlich. Dank der hohen Fleischqualität kann er eine Vielzahl an Wildprodukten ganz ohne Konservierungs- und sonstige Zusatzstoffe herstellen, darunter das beliebte Geselchte vom Wildschwein. Die Salamis wiederum sind das Spezialgebiet des pensionierten Fleischermeisters Leo aus Litschau. „Würste ohne Zusatzstoffe und Starterkulturen zu produzieren, ist die Königsklasse der Fleischerei“, erklärt Amelie. Leo produziert beispielsweise eine Hirschsalami, die aus hundert Prozent Wildfleisch besteht, da sogar der Speck vom Wildschwein stammt. Außerdem stellt er eine Wildschweinsalami mit Walnüssen und Karminwurzen vom Wildschwein her. Bevor die Würste allerdings in den Verkauf gelangen, dürfen die Karminwurzen noch 10 Tage und die Salamis 4 bis 6 Wochen lang reifen.

Wie das Wild wird auch ein Teil der Fische aus den schlosseigenen Teichen direkt im Betrieb verarbeitet. Seit 2015 bewirtschaftet Franziskus die bis dahin lange Zeit verpachteten Fischteiche wieder selbst. Die Fische werden jedoch nicht – wie das Wild – einzeln geschlachtet, sondern mehrmals im Jahr durch Abfischen der Teiche gewonnen – eine Besonderheit des Waldviertels, wo sich dafür die Redewendung „der Teich kocht“ durchgesetzt hat. An einem frühen Morgen durften wir beim Abfischen auf Schloss Litschau dabei sein – ein Spektakel, das man sich nicht entgehen lassen sollte, wenn man die Gelegenheit dazu bekommt.

Wer Schloss Litschau und seine Produkte abseits des Abfischens mit allen Sinnen erleben möchte, kann an den regelmäßigen Führungen samt Verkostungen teilzunehmen. Darüber hinaus werden Veranstaltungen wie der Litschauer Fischtanz angeboten. Die Produkte von Schloss Litschau sind sowohl im Litschauer Bauernladen als auch im eigenen Hofladen erhältlich, der immer samstags von 9 bis 12 Uhr geöffnet ist.

Der berühmte Litschauer Leberkäse

Für einen Snack ist ein Halt am Stadtplatz in Litschau sehr empfehlenswert. Dort betreibt die Familie Geitzenauer eine Fleischerei mit eigener Schlachtung. Ihr berühmtestes Produkt ist der Leberkäse, der bis nach Wien geliefert wird. Heißer Tipp: Frisch in ein knuspriges Semmerl geschnitten schmeckt er besonders gut!

Nur ein paar Schritte weiter befindet sich der Litschauer Hofladen. Stefan und Stefanie Haumer vom Biohof Haumer eröffneten diesen Selbstbedienungsladen im Jahr 2020. Das Sortiment umfasst nicht nur hofeigene Erzeugnisse vom Biohof Haumer, sondern auch eine breite Palette an Produkten von regionalen Produzent:innen, u.a. die Produkte von Schloss Litschau, aber auch Schafprodukte von Familie Österreicher. Der Selbstbedienungsladen hat täglich von 7 bis 20 Uhr geöffnet.

Kunst, Kultur und Kulinarik im Theater- und Feriendorf Königsleitn

Im Theater- und Feriendorf Königsleitn treffen wir Geschäftsführer Zeno Stanek in der wohlig-warmen Gaststube. Seit 2020 leitet er das Hotel mit 12 Hotelzimmern und 56 Appartements, das ein eigenes Restaurant, den „Dorfwirt“, betreibt. Vor dreißig Jahren kam Zeno Stanek als Student zum ersten Mal nach Litschau und hat in der Region eine zweite Herzensheimat gefunden. Heute ist er Intendant des über die Grenzen hinaus bekannten Schrammel.Klang.Festivals und des 2018 gegründeten Theaterfestival HIN & WEG.

Für ihn spielt höchste Qualität nicht nur in Kunst und Kultur eine Rolle, sondern auch in der Kulinarik. Bei einer Tasse Waldviertler Kräutertee hat er uns mehr über seinen hohen Anspruch an die Kulinarik bei seinen Festivals erzählt und uns seine ganz persönlichen Empfehlungen für Restaurants, Waldviertler Spezialitäten und lokale Lebensmittelhandwerker:innen verraten.

Von klassisch Waldviertel bis vegan: die vielseitige Küche des „Dorfwirt“ in Litschau

Ganz der Waldviertler Kulinarik und ihren bäuerlichen Erzeuger:innen hat sich Klaus Hölzl verschrieben. 2022 übernahm er die Küchenleitung des „Dorfwirt“ im Theater- und Feriendorf Königsleitn. Zuvor hatte er in renommierten Küchen wie dem „Hangar 7“ in Salzburg gekocht. „Wir schauen, dass für alle Geschmäcker etwas dabei ist“, beschreibt Klaus seine Küchenphilosophie. Freilich stehen Waldviertler Klassiker wie gebackener Karpfen, Wildragout, Erdäpfelsuppe und Mohnnudeln auf der Karte. Allerdings betont er, dass immer auch mindestens zwei vegane Gerichte angeboten werden. Etwa das Gemüsebeuschel, das er mit Pilzen und unterschiedlichen Wurzel-Gemüsen völlig frei von tierischen Produkten zubereitet. „Wir machen das immer recht entspannt und nicht dogmatisch. Wir schauen einfach, was die Saison hergibt“, sagt er.

Ein besonderes Markenzeichen des gebürtigen Waldviertlers ist zweifellos sein ausgeprägtes Netzwerk an regionalen Produzent:innen. Sie liefern ihm die erstklassigen Zutaten für seine kreativen Gerichte. „Wir haben hier in der Region wirklich das Glück, dass es viele, kleine Produzent:innen gibt, die sich auf ein paar wenige Produkte konzentrieren und diese dafür in einer Top-Qualität erzeugen“, sagt er. „Die meisten sind bio-zertifiziert, einige arbeiten sogar bio-dynamisch.“ So bezieht er beispielsweise seine Bio-Milch aus einer Ortschaft, die gerade einmal 12 Kilometer von Litschau entfernt liegt. „Die Familie Arnhof produziert das beste Kuhmilch-Joghurt, das ich je gekostet habe“, sagt er. Karpfen und Wild kommen freilich vom benachbarten Schloss Litschau, das Kartoffel-Krustenbrot von der lokalen Bäckerei Smetacek. „Ich kaufe sehr gerne direkt ab Hof, weil ich dann Top-Qualität zu einem vernünftigen Preis bekomme. Es ist zwar mehr Aufwand, da ich nicht nur zwei Händler:innen, sondern zehn oder mehr Produzent:innen kontaktiere, aber das unterstützt auch die Region und das ist mir wichtig.“

An diesem Tag kredenzt uns Klaus einerseits „Wurzelfleisch“ vom Schloss-Litschau-Wels, dazu serviert er violette Erdäpfelraritäten vom „Wald4tler Natur Gut“ von Matthias Ölzant und Kerstin Müller aus Brand. Sein zweites Gericht ist „2erlei vom Hirsch“ – Hirschkeule und -rücken, ebenfalls von Schloss Litschau. Dazu serviert er Mohn-Serviettenknödel, Wurzelgemüse und Vogelbeeren – selbst eingelegt nach dem ersten Frost des Herbsts, damit sie besonders aromatisch sind.

#momentmahl: Die rundum sehenswerte Waldviertel-Tour