Seit Johann Hauser, August Walla und Oswald Tschirtner sind die „Gugginger Künstler“ auch Nichteingeweihten ein Begriff. Das aus der Landesnervenklinik Maria Gugging hervorgegangene Art Brut Center Gugging zählt jedenfalls seit Jahrzehnten zu den Epizentren dieser Stilrichtung.
Mitte der 1940er-Jahre stellte der französische Künstler Jean Dubuffet den damaligs gültigen Kunstbegriff radikal in Frage. Auf seiner Suche nach einer Kunst, die befreit von bürgerlichen Zwängen und Prestigedruck sein sollte, besuchte er auch jene Orte, wo die Außenseiter der Gesellschaft lebten. Die Werke, die er fand, waren erstaunlich – so wie die Personen, deren künstlerisches Schaffen ihn interessierte. Sie waren u. a. psychiatrische Patienten oder Autodidakten mit kunstfernen Berufen, und ihre ursprüngliche Kunst, die von höchst persönlicher und unangepasster Formensprache zeugt, nannte Dubuffet „Art Brut“ („rohe Kunst“).
Eines der bedeutendsten Zentren der Art Brut liegt in Maria Gugging. Dort befand sich einst die Landesnervenklinik Gugging, deren Leiter Leo Navratil in den 1950er-Jahren mit seinen Patienten spezielle Zeichentests zu diagnostischen Zwecken durchführte. Navratil war überrascht von der Kreativität und dem künstlerischen Potenzial einzelner seiner Patienten. 1970 fand eine erste Ausstellung – damals noch in Wien – statt, 1981 wurde ein leerstehender Pavillon des Krankenhauses zum Zentrum für Kunst-Psychotherapie umgewandelt, das seit 1986 als Wohngemeinschaft für Künstler firmiert: das Haus der Künstler. 2006 wurde schließlich im ehemaligen Kinderhaus des Krankenhauses das museum gugging eröffnet – ab nun hatten die Werke der Gugginger Künstler eine permanente Bühne, direkt am Ort ihres Entstehens.
Heute nimmt das museum gugging eine einzigartige Position in der österreichischen Museumslandschaft ein und gehört international zu den wichtigsten Ausstellungshäusern für Art Brut. Das Museum – das für größere Ausstellungen und als Forum für internationale Art Brut dient – ist dabei nur ein Teil des Art Brut Centers Gugging. Daneben gibt es auch noch das die galerie für kleinere Ausstellungen, das Haus der Künstler, in dem die Gugginger Künstler leben und arbeiten. Außerdem noch das Offene Atelier, in dem die Gugginger Künstler neben Kreativen aus aller Welt arbeiten.
Maßgeschneiderte Workshops und Führungen machen einen Besuch im Art Brut Center zu einem persönlichen Erlebnis. Das Angebot reicht von Highlight-Führungen über Besuche in Künstlerzimmern bis hin zu Kunstgesprächen beim "Gugginger Gugelhupf". Ebenfalls eine Entdeckung wert ist der Museumsshop im Eingangsbereich: von Fachliteratur über Postkarten und Plakate der in Museum und Galerie ausgestellten Werke bis hin zu Kleidungsstücken österreichischer Designer und eigens gefertigten Köstlichkeiten reicht das gut sortierte Angebot.