Im Sprudelfieber von der Champagne ins Veltlinerland

Merkliste aufrufen merken

Die ehemalige Weinkönigin und Winzerin Christina belebt die alte französischen Methode „Pet-Nat“ und produziert quasi die Urform des heutigen Schaumweines.

Der Sekt wurde Christina Hugl quasi in die Wiege gelegt – Christina Hugls Vater Georg ist Weinviertler Pionier und produziert seit fast 40 Jahren Sekt nach traditioneller Methode. „Ohne guten Wein kann man auch keinen guten Sekt machen“, ist die Jungwinzerin überzeugt, die „keine eigenen Hektar“ hat, sondern ihre Trauben zukauft. „Der Wein braucht Zeit und Ruhe, das ist das wichtigste. Meine Sekte liegen mindestens 18 Monate oder gar länger auf der Hefe.“ Im Interview erzählt sie, was die Champagne und das Veltlinerland verbindet.

Wie sind Sie Winzerin geworden?

Eigentlich komme ich aus der Gastronomie. Nach meinem Abschluss an der HLT Retz ging ich in die Niederlande nach Noordwijk und arbeitete dort in einem 5-Sterne-Hotel, wo ich mit Wein hauptsächlich als Sommelière zu tun hatte. Nachdem es mich 4 Jahre später wieder in die Heimat zog, wollte ich die andere Seite des Weines kennen lernen. Ich bin durch den Betrieb meiner Eltern mit dem Wein und vor allem mit dem Sekt groß geworden und war immer mit von der Partie, wenn es viel zu tun gab, d.h. es war schon eine Grundahnung da. Aber dann wirklich seinen eigenen Wein zu produzieren war eine ganz neue Challenge. Mit der Hilfe meines Vaters habe ich 2014 den ersten Jahrgang in den Keller gebracht und seitdem hat mich das Sprudelfieber gepackt. Ich möchte mich in Zukunft hauptsächlich auf die Produktion von Sekt nach traditioneller Methode konzentrieren.

Was ist Ihre Haltung beim Winzern?

Ich bin weder super konventionell, noch super biologisch. Um ehrlich zu sein, hab ich genau 6 Rebstöcke zu Hause, aber Hektar hab ich keine ;-). Ich arbeite mit Traubenzukauf, wie es auch die Kollegen in der Champagne machen. Dadurch bleibt mir mehr Zeit für den Verkauf. Natürlich ist mir wichtig, dass auch meine Traubenlieferanten bewusst mit unserer Umwelt umgehen. Teilweise kaufe ich Biotrauben zu, teilweise aber auch konventionell. Wenn ein konventioneller Winzer bewusst arbeitet, ist das nicht mehr oder weniger nachhaltig als andere Bewirtschaftungsmethoden. Jedoch glaube ich, dass langfristig gesehen biologische Traubenproduktion ein Muss ist. Wir haben nur einen Planeten, mit dem sollten wir bewusst umgehen. Im Keller verzichte ich auf große Technik. Der Wein braucht Zeit und Ruhe, das ist das wichtigste. Meine Sekte liegen mindestens 18 Monate oder gar länger auf der Hefe, weil sie eine gewisse Zeit brauchen, um reif zu werden. Ich glaube, jeder muss seinen persönlichen Mix finden.

Welchen eigenen Wein empfehlen Sie Ihrem besten Freund/Freundin, warum und wie schmeckt der?

​​​Im Herbst werden die Nächte schon wieder ein wenig kühler, da darf es ruhig schon wieder ein wenig kräftiger werden. Da würde ich zu einer Flasche Blanc de Blancs greifen. Das war mein erster Sekt und ist eine Cuvée aus Grünem Veltliner und Welschriesling, also den wichtigsten Sorten im Veltlinerland. Das Erntejahr war 2014, er ist aber erst 2017 in den Verkauf gekommen. Durch die 2-jährige Hefelagerung und nur minimalem Restzucker (2 Gramm) riecht er in der Nase nach getrockneten Früchten, kombiniert mit einer feinen Würze. Am Gaumen entfaltet sich das komplette Aroma-Kraft, Eleganz, eine animierende Säure, der Geschmack nach reifem Steinobst sowas passt perfekt, wenn es draußen wieder kühler wird!

Wie sind Sie auf „Pet Nat“ gekommen?

​​​​Eigentlich durch meinen Freund! Der hat von einem Kollegen eine Flasche Pet-Nat mitgenommen. Erst war ich skeptisch, denn die Flasche war mit einem Kronenkork verschlossen und naturtrüb. "Sowas kann man ja nicht trinken" sagte ich zu ihm und er erklärte mir, dass Pet-Nat (aus dem französischem, Abkürzung für Petillant Naturel) die Urform des heutigen Schaumweines ist. Die Produktion ist wesentlich einfacher und es dauert nicht so lange, bis man ein fertiges Produkt hat. Optisch, vom Geruch und vom Geschmack her darf man Pet-Nat auf keinen Fall mit Sekt nach klassischer Methode vergleichen. Es schmeckt und riecht ganz anders, weil auch das Produktionsverfahren ganz anders ist. Beim Sekt brauchen wir 2 Gärungen, eine für den Grundwein im Tank und die zweite in der Flasche für die Kohlensäure. Beim Pet-Nat wird der gärende Most, also Sturm in die Flasche gefüllt und druckdicht verschlossen. Der Sturm gärt in der Flasche fertig und die Kohlensäure bindet sich auf natürliche Art und Weise. Was mich beim Pet-Nat so fasziniert ist, dass ein so einfaches Produkt so gut schmecken kann! Und ich finde, dass es eine spannende Ergänzung zum klassischen Sekt Sortiment ist.

Welche Rolle spielt Frankreich für Sie? Sie holen ja nicht nur die Fässer aus Frankreich, sondern auch die Methode „Pet Nat“ kommt ja ursprünglich aus Frankreich …

Natürlich ist mein Vater mein größtes Vorbild in Punkto Sektherstellung. Er war der Weinviertler Pionier und produziert seit knapp 40 Jahren Sekt, immer nur nach traditioneller Methode. Aber ich verkoste gerne viele verschiedene Sekte und natürlich auch Champagner und da gibt es einige Dinge, die mir besonders gut schmecken und da möchte ich alles drüber wissen. Die Franzosen sind die Erfinder des Champagner und kennen sich auch dementsprechend aus. Außerdem haben sie auch das Geschmacksbild bei Schaumwein auf eine gewisse Art und Weise geprägt. Man kann viel von anderen Kollegen lernen! Wir waren letzten Februar in der Champagne und liebe Freunde von uns, die ebenfalls Champagner produzieren, haben uns so viel gezeigt. Wir durften Grundweine verkosten, was irrsinnig spannend war. Den das ist der Key: ohne guten Wein kann man auch keinen guten Sekt machen. Und bei der Grundweinherstellung gibt es vieles zu beachten. Und gerade, wenn man dann ein Produkt findet, dass einem schmeckt und dann noch die Möglichkeit hat, alle Hintergrundinfos über dieses eine Produkt zu erfahren von jenen, die es hergestellt haben, ist das für eine junge Winzerin wie mich perfekt! Und ja, beim Fass haben wir uns ebenfalls von den Rafflin-Lepitres beraten lassen. Der Fassbinder wollte einen unserer Sekte kosten um so herauszufinden, welches Holz für uns am besten passen würde – und wir haben das perfekte Fass gefunden!

Was verbindet die Champagne und das Veltlinerland?

​​​​Die Breitengrade sind quasi gleich, aber auch das Klima weist gewisse Ähnlichkeiten auf. Warme Tage, kühle Nächte und ein hoher Kalkanteil im Boden. Wobei im Veltlinerland neben Kalk natürlich auch noch viele andere Gesteins- und Bodenarten vorhanden sind. In der Champagne ist das ein wenig anders: dort ist der Kalk- und Kreideanteil so hoch, dass der Boden weiß ist. Das wirkt sich natürlich auch auf die Weinstilistik aus. Für Grundweine benötigt man relativ hohe Säurewerte. Und das kann ein hoher Kalkanteil positiv beeinflussen. Landschaftlich kann ich mich nur schwer entscheiden, was schöner ist. Wenn es aber ums Bearbeiten geht, dann bin ich doch froh, im Weinviertel zu Hause zu sein. Durch die Hochkultur ist das Arbeiten wesentlich angenehmer. In der Champagne sind die Rebstöcke so niedrig, dass man fast alles auf den Knien bearbeiten muss – da haben wir bei uns zu Hause mehr Komfort ;-)

Wie erklären Sie Ihren Gästen am einfachsten, was „Pet Nat“ ist?

Beim Sekt nach traditioneller Methode benötigt man zwei Gärungen und eine lange Lagerzeit auf der Hefe. Zuerst wird der Grundwein produziert, das funktioniert gleich wie bei normalem Wein. Dann wird dieser in der Zeit von April bis Juni zusammen mit einem Gemisch aus Hefe und Zucker in die Flasche gefüllt, mit einem Kronenkork verschlossen und in eine Gärraum gestellt, sodass die Hefe und der Zucker zu arbeiten beginnen können. Dann kommt das Entscheidende: die Lagerzeit auf der Hefe. Die dauert bei mir mindestens 18 Monate und in Zukunft auch noch viel länger. Nach der Lagerzeit werden die Flaschen händisch gerüttelt, sodass der Hefesatz in den Flaschenhals wandert um letztendlich degorgiert zu werden. Beim Degorgieren wird der Hefesatz durch öffnen der Flasche entfernt. Wenn die Flasche geöffnet ist, kann man auch noch, wenn gewünscht, mittels einer Dosage dem Sekt mehr Restzucker verleihen. Danach wird die Flasche mit dem Sektkorken und der Agraffe verschlossen und ist fertig für den Verkauf. Beim Pet-Nat gärt man den Most auf den gewünschten Restzuckergehalt und füllt den noch gärenden Sturm direkt vom Tank in die Flasche. Dieser gärt dann in der Flasche zu Ende und ist wenige Monate später fertig für den Verkauf. Dadurch, dass der Sturm natürlich nicht filtirert ist, ist auch das Pet-Nat naturtrüb und schmeckt und riecht ganz anders, als klassischer Sekt. Man kann es vergleichen mit einem klassichen Märzenbier und einem Zwicklbier.

Was zeichnet Ihre Lagen aus?

Die Lagen in Stützenhofen, Ried Spitzen, Wirtshausäcker und Pampich, zählten früher zu den besten Lagen des Landes. Leider gibt es bei uns im nördlichsten Weinviertel nicht mehr so viele Winzer wie früher, aber die Lagen sind nach wie vor perfekt für die Sektgrundweinproduktion, aber auch für die Stillweinproduktion. Hoher Kalkanteil, viel Löss und auch Urgestein sorgen für Eleganz und Mineralität im Wein. Wir haben in unserer Familie auch noch einige ältere Anlagen, in welchen die Stöcke durchschnittlich 50 Jahre und älter sind. Der Ertrag dieser Anlagen fällt zwar schon wesentlich geringer aus, aber die Trauben bringen eine einzigartige Qualität mit sich.

Haben Sie eine Handschrift beim Wein machen?

Für eine eindeutige Handschrift mache ich noch nicht lange genug Wein. Abgesehen davon gibt es noch so viele Dinge, die ich ausprobieren möchte, aber ich weiß schon, in welche Richtung es gehen soll! Sekte die kräftig, elegant und vielschichtig zugleich sind. Sekte, in welchen man die Herkunft erkennen kann. Dadurch dass ich nicht durch vorhandene Weingärten ortsgebunden bin, kann ich grundsätzlich aus allen Weinbaugebieten Österreichs Trauben zu kaufen. Nicht, dass das mein Ziel ist, aber ich möchte doch versuche, einige verschiedene Lagen aus Niederösterreich in die Flasche zu bringen und mich mehr mit dem Bodenprofil der einzelnen Lagen beschäftigen und herausfinden, welche Stilistik zu welcher Lage passt – dadurch wird sich meine Handschrift von selbst formen!

Was Sie sonst schon immer sagen wollten …

Es muss mehr und vor allem mehr hochwertiger Sprudel getrunken werden! Und da muss man unterscheiden: Blubberbläschen im Wein sind nicht gleich Blubberbläschen: Frizzante kann genauso hochwertig und gut sein, jedoch passiert beim Frizzante keine zweite Gärung, weshalb es ein wesentlich einfacheres Produkt ist. Beim Sekt ist die Herstellung wesentlich aufwendiger, weshalb Sekte auch oft komplexer und vielschichtiger sind. Und jeder von uns sollte mehr Sekt zum Essen trinken. Sekt ist ein toller Speisenbegleiter und eignet sich nicht nur als Aperitif, sondern kann viel mehr! Probieren Sie einen leichten, fruchtigen Sekt, beispielsweise Traminersekte oder Muskatellersekte, zu leichten Desserts – Sie werden es lieben!